Mit Fokus auf den Nutzer zu einem besseren Produkterlebnis
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Wir alle streben nach Anerkennung. Auch Stakeholder, Produktentwickler, Designer, Texter oder Softwareentwickler bilden diesbezüglich keine Ausnahme. Wir wollen, dass unsere Arbeit von unseren Kunden/ Nutzern angenommen und erfolgreich eingesetzt wird. Idalerweiseweise empfindet der Nutzer dabei sogar so etwas wie Begeisterung oder Freude. Dieser Idealzustand kann allerdings nur eintreten, wenn wir bereits bei beziehungsweise vor der Arbeit die Bedürfnisse des Nutzers berücksichtigen. Genau darum geht es beim sogenannten User-Centered Design. Um was es sich dabei genau handelt und wie du es in der Praxis anwendest, erfährst du hier.
Was ist User-Centered Design?
User-Centered Design (UCD), auf Deutsch auch nutzerzentrierte Entwicklung, ist ein Gestaltungs- und Entwicklungsprozess, bei dem die Wünsche und Bedürfnisse des Users/ Nutzers jederzeit im Vordergrund stehen. Es wird in jeder Hinsicht (grafische Gestaltung, Produktentwicklung, Konzeption, Planung, Produktion etc.) aus der Sicht des Nutzers gedacht, um eventuelle Nutzungsprobleme rechtzeitig aufzudecken und ein effizientes, effektives, intuitives und benutzerfreundliches Produkt zu erschaffen. Es gibt sogar eine ISO-Norm (DIN EN ISO 924-210), die sich mit dem „Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme“ befasst.
Den Begriff selbst hat vor allem der US-amerikanische UX-Experte Don Norman in den 1980er Jahren geprägt. Bereits damals forderte er, den Nutzer bei der Produkt- und Softwareentwicklung in den Mittelpunkt zu rücken. Sein Buch „The Design of Everyday Things“ von 1988 gilt als Klassiker auf dem Gebiet der nutzerzentrierten Entwicklung und hat bis heute nicht an Bedeutung verloren.
Grundprinzipien im User-Centered Design
Bei der Umsetzung des User-Centered Designs gibt es drei Grundsäulen, auf denen die unterschiedlichen Projektphasen beruhen.
1. Die Nutzer und ihre Bedürfnisse: Wer sind die Nutzer genau? Was wünschen sie sich? Auch Vorwissen und Gewohnheiten spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle.
2. Die Aufgaben der Nutzer: Welche Aufgabe wollen die Nutzer erledigt haben?
3. Der Nutzerkontext: In welcher Umgebung (inklusive Umweltbedingungen, Interaktionswege etc.) verwenden die Nutzer das Produkt?
Die ISO-Norm geht sogar noch einen Schritt weiter und führt weitere Grundsätze auf.
- Die Nutzer sollen während des gesamten Design- und Entwicklungsprozess mit einbezogen werden.
- Der Prozess des User-Centered Design soll iterativ sein, das heißt wiederholend, sich schrittweise der Lösung annähernd.
- Multidisziplinäre Teams sind gefordert. Das heißt an einem Projekt sind idealerweise Grafikdesigner, Copywirter, Programmierer, Psychologen, Marketing, UX-Experten, Stakeholder, Nutzer und Produktentwickler gleichermaßen beteiligt.
Phasen des User-Centered Designs
Wie oben bereits erwähnt, ist der Prozess des User-Centered Designs iterativ. Die nachfolgenden vier Phasen werden im Laufe eines Projekts beliebig oft wiederholt, um jederzeit die Bedürfnisse des Nutzers im Fokus zu haben.
- Nutzerkontext beschreiben: Beschreibung der Nutzeraufgaben, -ziele, -umgebung und –arbeitsmittel.
- Nutzungsanforderungen definieren: Festlegung der genauen Systemanforderungen aus Nutzersicht.
- Gestaltungslösungen anhand der Nutzungsanforderungen entwerfen: Gestaltungslösungen wie Navigationspfade, Prototypen oder Interaktionsszenarien anhand der Anforderungen erstellen.
- Gestaltungslösung aus Nutzerperspektive testen: Testen der zuvor erstellten Lösungen anhand der Anforderungen in Phase 2.
UCD in der Praxis - ausgewählte Methoden
In den jeweiligen Designphasen können unterschiedliche Techniken und Methoden zur Anwendung kommen. Dazu zählen unter anderem:
- Fokusgruppen
- Umfragen
- Usability-Tests
- Personas
- Mapping
- Vor-Ort-Beobachtungen
- Card-Sorting
- Wireframes
- Scribbles
- Mockups u.v.m.
Welche Methode in welcher Phase angewendet wird, kannst du unter anderem in dem Praxishandbuch „Usability und UX“ von Jens Jacobsen und Lorena Meyer nachlesen.
UCD im kleinen Rahmen
Generell ist es nicht so einfach, UCD-Methoden einzusetzen, wenn im Unternehmen bisher kein Verständnis dafür geherrscht hat. Jacobsen und Meyer haben in ihrem Buch sogar verschiedene Stufen des UX-Reifegrads in einem Unternehmen beschrieben. Bei wenig Akzeptanz für die nutzerzentrierte Gestaltung empfiehlt Jacobsen außerdem in einem Blogartikel auf testingtime.com klein anzufangen:
1. Mache eine User-Recherche, indem du beispielsweise drei Kunden interviewst und dir die Arbeit mit deinem/ euren Produkt zeigen lässt.
2. Erstelle Personas (sogenannte Anwenderprofile) anhand deiner Recherchen und schaffe dadurch ein Verständnis für die Nutzer im Team.
3. Erstelle Papierprototypen und hole dir Feedback von echten Nutzern ein.
Vorurteile gegenüber User-Centered Design
Gegenüber UCD gibt es diverse Vorurteile, die nicht selten dazu führen, dass es gar nicht erst in Angriff genommen wird. Kritiker behaupten unter anderem, dass es technologische Innovationen behindert, Perspektiven einschränkt, zu zeitaufwendig ist oder zu viel kostet. Dabei habe ich jetzt schon mehrfach in verschiedenen UX-Büchern gelesen: Jede UX-Methode, und sei sie noch so klein, ist besser als gar keine UX-Methode. Das heißt im Grunde genommen, dass Ausreden wie zu hohe Kosten, Zeitmangel oder Projektgröße nicht gelten.
Verschiede Experten raten in diesem Zusammenhang einfach klein anzufangen und zum Beispiel eine Onsite-Befragung oder eine Fokusgruppe durchzuführen. Selbst diese vermeintlich kleinen Maßnahmen verschaffen dir neue Erkenntnisse über deine Nutzer, die in deine Produktentwicklung einfließen und ein besseres Benutzererlebnis schaffen.
Argumente für User-Centered Design
User-Centered Design zahlt sich immer aus, auch wenn auf den ersten Blick die zusätzlichen Kosten und Zeit in der Produktion abschrecken. Der Fokus auf den Nutzer sorgt letzten Endes unter anderem für
- Einen Wettbewerbsvorteil: Leider haben noch immer nicht alle Unternehmen UCD-Methoden in ihre Produktentwicklung integriert. Ein klarer Vorteil für die Firmen, die sich von einem rein wirtschaftlichen Konzept zu einem nutzerzentrierten Designkonzept entwickeln.
- Hohe Kundenzufriedenheit: Der Fokus auf den User und User Experience führt automatisch zu einer höheren Kundenzufriedenheit, da viele Fehler beseitigt werden bevor sie überhaupt entstehen können.
- Mehr Produktivität: Die Entwicklungsressourcen werden dank dem regelmäßigen Feedback zielführender eingesetzt
- Niedrigere Schulungs- und Supportkosten: Anwendungen oder Produkte, die nutzerzentriert entwickelt werden, sind in der Regel verständlicher und intuitiver. Dies hat zur Folge, dass sich die Support- und Schulungskosten nach dem Release verringern.
- Weniger Stress/ Druck: Durch die Berücksichtigung der Nutzerbedürfnisse wird ein Produkt geschaffen, was besser von den Nutzern angenommen wird. Dadurch sinkt das wirtschaftliche Risiko, was wiederum die Arbeitsatmosphäre verbessert und sich positiv auf die Kreativität auswirkt.
Meine bisherige Erfahrung
Bisher bin ich mit User-Centered Design nur am Rande in Berührung gekommen. Ich habe selbstverständlich darauf geachtet, meine Texte nutzerfreundlich zu strukturieren und zu schreiben. Darüber hinaus habe ich bereits Personas erstellt und Nutzerdaten analysiert. Allerdings war das Verständnis dafür bei meinen Arbeitgebern nur mäßig vorhanden.
Nach den UX-Reifegraden nach Jacobs und Meyer zu urteilen, sind viele meiner bisherigen Arbeitgeber zwischen Stufe 1 (Fehlendes UX-Bewusstsein) und 2 (Ad-hoc-Design) von 5 (Strategisch
integrierte UX-Kultur) einzuordnen. Immerhin fanden in einem Unternehmen, für das ich gearbeitet habe, hin und wieder so etwas wie Fokusgruppen mit Consultants und Supportmitarbeiter statt.
Allerdings waren letztere so stark mit dem Produkt verheiratet, dass ich mir unsicher bin, ob das letzten Endes zielführend war. Jedoch habe ich im Laufe der Recherche für diesen Artikel ja
gelernt: Jede UX-Maßnahme ist besser als gar keine UX-Maßnahme :-)
Fazit
User-Centered Design ist eine tolle Sache und sorgt dafür, dass weniger verwirrende und unsinnige Produkte/ Anwendungen auf dem Markt landen. Unternehmen können sich zudem dank UCD von der Masse abheben und ihre Kundenzufriedenheit langfristig erhöhen. Dabei spielt es keine Rolle wie stark User-Centered Design und User Experience bereits in der Firmenkultur intergiert sind. Hauptsache man fängt endlich an, sich stärker für den Nutzer und seine Bedürfnisse zu interessieren, und sei es nur in Form von Onsite-Befragungen oder Fokusgruppen.
Quellen:
- https://www.kompetenzzentrum-usability.digital/kos/WNetz?art=News.show&id=36
- https://www.ionos.de/digitalguide/websites/web-entwicklung/human-centered-design/
- https://www.testingtime.com/blog/ucd-in-produktentwicklung-integrieren/
- https://www.usabilityblog.de/die-5-grosten-user-centered-design-irrtumer/
- Jacobsen/ Meyer (2019): Praxisbuch Usability und UX. Bonn: Rheinwerk Verlag
Freut mich, dass du dir die Zeit und Aufmerksamkeit für meinen Artikel genommen hast. Das ist in der heutigen Zeit ja nicht mehr selbstverstänldich und daher ein dickes, fettes
Dankeschön. Falls er dir auch noch gefallen hat, dann würde ich mich über ein Like oder Share in den sozialen Medien freuen.